Selbstfindungsprozess

  • Hallo, seit einer Weile hinterfrage ich mich selbst, wo ich mich eigentlich einordnen kann. Ich denke mir immer, dass ich in meinem Alter (knapp 30) doch langsam wissen müsste, wo ich eigentlich hin gehöre, weil ich dann auch mit Menschen zu tun haben könnte, die das ähnlich sehen.


    Ich hatte in meinem ganzen Leben bis jetzt genau eine Partnerin, mit der ich so etwas, wie eine erfüllende Beziehung geführt habe, bzw überhaupt nur eine Beziehung.
    Jahrelang dann nichts (auch keinerlei Körperkontakt). Dabei stoße ich immer wieder darauf, dass ich mit anderen "heterosexuellen Männern" nicht viel gemeinsam zu haben scheine, da mich körperliche Attribute nicht interessieren, sondern ich mich von geistigen Eigenschaften sexuell angezogen fühle.


    Wenn also jemand ähnlich tickt, dann finde ich ihn attraktiv und kann mich in die Person verlieben (das Aussehen spielt dabei so gut wie keine Rolle). Eine Bekannte hat mir mal erzählt, dass das falsch und krank sei und nichts mit Liebe zu tun hätte, weil man ja nicht einfach jeden, mit dem man was gemeinsam hat, lieben kann...(also im Prinzip eben auch mehrere Personen zur selben Zeit) und bei mir ist das generell ein sehr tief gehendes Gefühl (wenn ich mag, wie der Mensch denkt, handelt)


    Wo kommt nun das Bi ins Spiel? Männer machen mir Angst. Ich habe viel Gewalt durch Männer erfahren und könnte mir keine sexuelle Beziehung mit einem Mann vorstellen, wohl aber umarmen, streicheln, halten. Das finde ich generell mit Menschen toll, habe aber auch noch nie welche (egal ob Mann, Frau, oder die Welten dazwischen) getroffen, die dem gegenüber offen sind und die dann Grenzen nicht übertreten. Immer scheint es gleich um Sex zu gehen, an dem ich nur ein untergeordnetes Interesse habe, wenn überhaupt.


    Ich möchte letztendlich wissen wo ich stehe, denn ich habe keine Lust den Rest meines Lebens allein zu verbringen oder in klischeeartigen Vorstellunge, wo ich niemals jemanden finden werde, mit dem ich glücklich sein kann. Denn ich empfinde mich nicht als sonderlich männlich oder weiblich (wenn es um die klassischen Rollenvorstellungen geht) und habe keine Lust ständig nur anzuecken.


    daher denke ich, dass es helfen würde, wenn ich von den Erfahrungen anderer lese und es mir vielleicht Mut macht.

  • Hallo Schutzraum,


    vielen Dank für diese Betrachtung.


    Zuallererst möchte ich sagen: Wann du Liebe empfindest und wann nicht stellst du, und nur du, fest. Natürlich kann man im Prinzip mehrere Personen zur selben Zeit lieben. Wenn Liebe für dich etwas anderes ist als für die meisten anderen Menschen ist das nicht krank.


    Hast du deine Frage bereits in einem Asexuellenforum gepostet? Ich denke, was du beschreibst, würde dort sehr gut hinpassen.


    Viel Glück,
    Djali

  • Hallo Djali,


    Nein, das habe ich noch nicht. Ich weiß aber auch nicht ob das passt. Sex ist für mich ganz klar Zweitrangig, aber nicht völlig ohne Existenzberechtigung. Wenn ich wählen müsste zwischen einem Abend wo ich jemanden Nah sein kann ohne Sex, aber dafür mit allen anderen Spielarten der Nähe und Zuneigung oder Sex, dann würde ich ganz klar immer für Ersteres sein. Aber ich lehne ihn auch nicht ab, nur gibt er mir vergleichsweise wenig. Außerdem habe ich eine Menge schlechter Erfahrungen gemacht. Mir fällt es schwer Menschen zu vertrauen und auch das kann ja Auswirkungen auf die Selbsteinschätzung haben.


    Meine Erfahrung ist, dass ich meistens nicht so sein kann, wie ich bin. Ich bin sehr emotional und denke oft, dass ich gefasster, kontrollierter sein müsste. Für andere muss ich meisten so tun als ob und meine Alltagsmaske tragen. Allerdings weiß ich auch nicht einmal ob das so anders ist, weil ja viele mit ihren Gefühlen hinter den Berg halten und vermutlich auch Ängste haben, die sie nie thematisieren.


    Ums Kurz zu machen:
    Nach nun knapp 29 Jahren habe ich keine Lust mehr. Ich will einfach ich sein können und entdecken wen ich vielleicht mag oder wer auch mit meinen Eigenheiten zurecht kommt und mich als Mensch so akzeptiert wie ich bin. Ich weiß eben noch nicht wo ich stehe und befürchte, dass ich ausgegrenzt werde, wenn ich das offen lege. Vielleicht kann ich dann eines Tages sagen (bzw mich outen): das ist meine Identität oder Sexualität (und habe dann den passenden Begriff für mich gefunden) oder vielleicht ist das auch ein furchtbar fließender Prozess, der nie so recht greifbar ist (ich finde das bei all den existenten Begrifflichkeiten extrem kompliziert)


    Wie ist das denn bei anderen Leuten hier? Wann wusstet ihr das ihr Bi seid? :S

  • Hallo Schutzraum


    Herzlichen Dank für deinen interessanten Post und deine Offenheit. Zuerst zu deiner letzten Frage: Ich wusste es ca. mit 16 Jahren und bin bisher bei dem Label "Bi" geblieben. Habe ich mir schon Gedanken gemacht, dass ich vielleicht doch Hetero bin und einfach so Frauen schön finde? Ja, hab ich. Hab ich mir schon Gedanken gemacht, ob ich vielleicht auch Pan sein könnte? Ja, hab ich auch. Und ich glaube, es geht vielen Menschen so und ja ich denke auch, dass Sexualität sich entwickeln und verändern kann. Krank ist dabei gar nichts und solange es sich im legalen Rahmen befindet, sollte es auch akzeptiert werden.


    Nun aber zu dir, beim lesen habe ich das Gefühl, du kennst dich selbst sehr gut, und du weisst eigentlich auch, was du willst und was nicht. Das einzige was dir fehlt ist das Label/der Name dazu. Verstehe ich dich richtig? Brauchst du denn wirklich einen Namen dafür? Du kannst es ja auch ohne sehr gut erläutern. Und solltest du eine intellektuelle Person treffen, die dir zusagt, sollte diese das auch verstehen, oder liege ich da falsch? Vielleicht ist es einfacher sich nicht zu sehr aDuf die Säule der Sexualität sondern viel mehr auf andere Gemeinsamkeiten zu stützen? Denn deine Identität ist viel grösser und vielfältiger als nur der Name deiner Sexualität.


    Deinen Entschluss, dass du der sein willst, der du bist, finde ich wirklich mutig. Das wird bestimmt eine spannende Reise, die du vor dir hast. Deine Befürchtung, es könnte dich jemand nicht so akzeptieren wie du bist - nun ja, wir sind nicht alle gleich und wir können nicht alle mögen. Bezieh es nicht zu sehr auf deine Persönlichkeit. Es wird Menschen geben, die deine Person schätzen und deine Anwesenheit akzeptieren. Wichtig ist doch nur schon, dass du dich selbst magst. Dass du gut mit deinem wahren Ich auskommst, denn dich selbst hast du immer dabei =)
    Ich wünsche dir ganz viel Kraft und positive Energie auf deinem Weg und bin gespannt auf deine Rückmeldung. Ich hoffe, ich habe dich richtig verstanden und nicht völlig am Thema vorbeigeredet =)


    Herzliche (virtuelle) Umarmung

  • Hallo Purple, danke für deine Antwort und ich fühle mich da ziemlich gut verstanden.


    Vielleicht braucht das kein Label. Vielleicht sollte es einfach in Ordnung sein, so zu sein wie man ist, egal an welchem Punkt einer Skala man sich befindet, vorausgesetzt man schadet niemanden damit. Ich glaube, das ich Angst habe Raum einzunehmen. Ich stellte fest, dass in meiner jetzigen Umwelt kaum Menschen vorhanden sind, bei denen ich mich wohl oder verstanden fühle. Also habe ich angefangen ab und an bei bestimmten Queer Treffs vorbei zu schauen, weil ich sonst nicht weiß, wo man mit Menschen zu tun hat, die eben eine gewisse Offenheit für andere haben. In regulären Vereinen (Sport/Musik/wasauchimmer) (oder anderen Treffs) trifft man ganz schnell auf Leute die Stammtischparolen schmettern und wo man sich,- ja, eigentlich nur unwohl fühlen kann.


    Wenn ich aber zu so einem Queer Treff gehe, dann nagt der Gedanke an mir, dass die anderen ja ganz genau wissen wo sie stehen und was sie wollen (und vielleicht ist das absoluter humbug) und ich eben nicht. Jetzt möchte ich eben sehen, mit welchen Menschen ich gut auskomme und reden kann (und mich auch nicht verstecken muss) und von diesem heteronormativen Gewässer weg kommen, dass mir eigentlich nie sonderlich gut getan hat. Weil da, wenn man in gewisse Richtungen denkt sofort Vorurteile da sind oder einfach alles abgeblockt wird.


    Vielleicht bin ich derjenige, der sich am verrücktesten macht, weil er sich ständig fragt, bin ich hier eigentlich richtig und was, wenn die anderen sehen, dass ich eigentlich nicht dazu gehöre. Die Sorge muss ich irgendwo los werden.


    Es ist wohl tatsächlich ein langfristiger Prozess, denn noch vor einem Jahr hätte ich mich wohl nie getraut, solche Veranstaltungen zu besuchen und jetzt bin ich zwar öfter mal unterwegs, aber immer noch so furchtsam, dass ich eher selten mit Menschen ins Gespräch komme und eher zuhöre, wie andere so drauf sind.


    Und ja, wer kann schon alle mögen? Aber ich glaube das man am richtigen Ort ist, in dem Moment wo man feststellt das da auch Menschen sind, mit denen man gut auskommt.

  • Hallo Schutzraum,
    Das klingt doch ganz wunderbar. Vor allem, dass du dich "getraust" zu Queertreffs zu gehen, finde ich eine riesen Leistung. Ich persönlich brauche immer etwas Zeit bis ich mich an eine neue Gruppe gewöhnt habe und mich einbringen kann. Obwohl ich eigentlich ein sehr kontakfreudiger Mensch bin. Wie ist das bei dir? Du sagst du hörst momentan noch mehr zu. Das kann ja auch ganz interessant sein. Die anderen erst kennen zu lernen und vielleicht auch etwas von ihnen zu lernen.
    Zudem sagst du, dass du zu Queertreffs gehst, weil dort eine gewisse Offenheit vorhanden ist, dann sollte auch die Offenheit vorhanden sein, dass Nicht-Wissen von einer Person zu akzeptieren. Ich persönlich finde es sogar schön, wenn sich jemand die Möglichkeit lässt, einfach zu lieben. Ich habe mal eine Frau getroffen und die beantwortete meine Frage, zu was sie sich hingezogen fühlt, einfach mit: "Menschen". Ich war sehr beeindruckt von ihr. Daher würde ich mir nicht so viele negative Gedanken darüber machen. Queer heisst ja unter anderem auch einfach "eigenartig, verrückt und verschroben" also bitte leb es aus, sei queer =) Oder wie denkst du denn, könntest du die Sorge oder das Gefühl loswerden, dass du nicht dazugehörst?


    Und jaaaaa bitte ich unterstütze dich so bei dem Gedanken von der Heteronormativität wegzukommen! Wenn es auch nicht ganz einfach ist und ich mich selbst immer wieder an der Nase nehmen muss, es öffnet doch eigentlich so viele Türen! Hast du eine Vorstellung wie man dies noch besser bewerkstelligen kann, oder wie gehst du vor?


    Als ich die anderen Interessen angesprochen habe, meinte ich, dass du dich vielleicht auf den gängigen Datingplattformen umschauen kannst, und falls dir jemand zusagt, dieser Person das persönlich erklären kannst. Falls diese nicht damit einverstanden ist, hast du immer noch eine gewisse Anonymität und musst es ihr nicht ins Gesicht sagen. Das ist teils etwas einfacher.
    Aber ich will dir jetzt nicht irgendetwas überstülpen oder aufschwatzen. Das war nur so ein kurz Gedanke. Ich weiss auch leider gar nicht wie Datingplattformen funktionieren.


    Hab einen ganz wundervollen Abend.

  • Hallo wieder,


    Mir fällt es schwer, nicht einfach in der Menge unterzugehen. Da hadere ich sehr mit mir selbst. Ich gehe ja nun zu Gruppen, weil ich eigentlich Kontakt aufnehmen möchte, aber es dann doch oft nicht schaffe. Zum Beispiel habe ich mir überlegt bei der CSD Parade mitzulaufen, aber gleichzeitig ist für mich eine "riesen Menschenmenge" ein echtes Problem, vor allem wenn ich da irgendwie als Einzelteilchen aufkreuze.
    Für solche Sachen fehlt mir dann ganz klar der Mut.


    Zum Thema Datingplattform, habe ich nicht das geringste Talent auf die Art für mich zu werben, dass auch nur je jemand schreibt. Ich denke da muss ich schon irgendwie unter Menschen, meinen Mut zusammen nehmen und irgendwie ins Gespräch kommen.
    ?(

  • Hallo Schutzraum


    Wow - ich schätze Deine offene Art von Dir zu schreiben.


    Warum nicht einfach Deinen Weg gehen? Die Leute, die Du so triffst, sind wohl die, zu denen Du «gehörst».


    Auf Datingplattformen hat es viele, die ausser ihrem Alter & Bild nix angeben. Weiss nicht, was dabei rauskommt. Schon probiert? Allerdings kann ich mir auf Grund meiner Erfahrungen nicht vorstellen, dass Du dort wirklich «passende» Leute treffen wirst (badoo.com, swissfriends.ch, etc.).


    Weiter viel Glück und eine gute Portion Selbstvertrauen!
    Alex

  • Hallo Schutzraum


    Ich denke, dass dieses Gefühl dass alle anderen wissen wo sie stehen und sich ihrer Identität ganz sicher sind viel mit dem Thema “Selbstdarstellung von Identität” zu tun hat. Deine Furcht nicht dazuzugehören und auf negative Resonanz zu stossen, ist etwas sehr typisches, da Queere BI-Leute doppelt belastet sind durch das Misstrauen das ihnen aus der LG Community entgegenschlägt und dem Stigma bei den Heterosexuellen. Ich denke du machtst einen Identitätsfindungsprozess durch und dabei bestreitest du wie die meisten von uns Bi-, Omni, Pan-, Skolio- etc –sexuellen einen Zweifrontenkrieg von Anfang an.


    Lass dir gesagt sein, damit bist du nicht alleine (!) und du bist kein Einzelfall. Falls mensch zu einer eher 'marginalisierten' Orientierung zählt für die es nun Mal nicht so viele Angebote gibt, dann ist einer der häufigsten ersten Sorgen immer “gehöre ich überhaupt dazu?”, “was wenn die merken dass ich unsicher bin und nicht genau weiss wo ich stehe?” etc. Ich habe das gleiche durchgemacht. Meine Antwort darauf ist klar: Ja tust du, es ist immer noch LGBTQIAP (to be continued...), die Stonewall riots wurden unter anderem von Drag-queens angezettelt und entgegen dem allgemeinen Geschwafel waren Nicht-Monosexuelle schon IMMER ein Teil der LGBT Bewegung.


    Ohne dich persönlich zu kennen möchte ich etwas LIebes in deine Richtung schicken also:
    Menschenskind, ES WIRD BESSER!



    Leider ist Queer sein immer noch damit bezeichnet ein “coming-out“ zu haben. EIn Coming-out ist etwas sehr individuelles aber es verläuft meistens in Etappen oder Phasen die Menschen je nach Charakter unterschiedlich schnell durchlaufen.
    Dazu gehören unter anderem die Prä-Coming-Out Phase, das innere Coming-Out, die Phase der Stigmavermeidung, Selbstannahme und das äussere Coming-out.


    Kurz Prä.Coming-Out: Eine Ahnung aber noch keine Worte dafür, intuitives Schweigen darüber, meist schon in der Kindheit


    Das Innere Coming Out: Innere Realisation der eigenen Sehnsüchte und Wünsche, Gefühe des Suchens/der Haltlosigkeit, z.T. Probleme mit verinnerlichten Vorurteilen.
     
    Stigmavermeidung: Verdrängung von Gefühlen /Wünschen. Die Angst abgelehnt zu werden wenn andere erfahren was oder wie mensch ist kann bis zu Depressionen und Suchtgefährdung führen. Ein Umfeld, das Vertrauen bietet und durch grundsätzlich tolerante Einstellungen gekennzeichnet ist, ist in dieser Phase besonders wichtig. Bei einem nicht Monosexuellen Coming-Out greift die Vermeidung DOPPELT: das vermeiden gegenüber der heteronormativen Umwelt und das vermeiden gegenüber Queers weil nicht monosexuelle von beiden Seiten stigmatisiert werden können.


    Selbstannahme:: Auf die Dauer ist ein Umdenken erforderlich, je klarer die eigene Sexualität wird. Der steigende Leidensdruck führt zu einem Hinterfragen der bisher angenommenen Vorurteile und Annahmen und ein innerer Prozess der Selbstannahme beginnt. In dieser Zeit suchen die Betroffenen meist Informationen Motivation, Inspiration und positive Identifikationsmodelle . Unterstützung von Außen ist besonders wertvoll. Informationen über queere Lebensweisen und Menschen, die die Selbstfindung nicht abwerten sind unabdingbar.Sehr tricky ist das natürlich für alle nicht-Schwulen-Nicht-Lesben Nicht-Heteros weil Bisexuelle sind oft leider fast einfach unsichtbar. Falls es aber gelingt sich selbst zu akzeptieren entstehen positive Gefühle von Befreiung und Erleichterung.


    Coming Out nach Aussen : Labeling nach aussen, simplifizierte öffentliche Kundmachung der Identität. Auch wenn die erreichte Selbstakzeptanz vielschichtig und komplex ist wird dabei die Identifikation heruntergebrochen auf das absolut notwendigste um in einem heteronormativen Kontext verstanden zu werden.


    Studien Zeigen, dass diese Prozesse von innerem Coming-Out bis öffentliches Coming Out von 1 Jahr bis 6 Jahre dauern können und das manche auch in einer Phase etwas länger brauchen. Massgeblich für das erfolgreiche, schnelle Bewältigen solcher Prozesse ist eine allgemein gute psychische Grundverfassung. Durch vorhandene weitere Probleme wie Vergangenheitsbewältigung wird ein solcher Prozess nicht verunmöglicht, jedoch werden zBsp Ängste stärker eine Rolle spielen.



    Take-Home Messages:


    DU BIST QUEER GENUG


    WENN DU DICH FRAGST "GEHÖRE ICH DAZU?" (und du das willst) DANN GEHÖRST DU DAZU


    ES IST OK KEINE AHNUNG ZU HABEN, ES IST OK NICHT ZU WISSEN WER ODER WIE MENSCH IST


    ES IST OK SEINE MEINUNG ZU ÀNDERN


    ES WIRD BESSER



    Alles Liebe
    Haru

  • Danke Haru,


    Danke für deine Nachricht. Sie hat mich irgendwie bewegt und auch ein ganzes Stück weit traurig gemacht. Ich bin gefangen zwischen dem Gefühl, fehl am Platz zu sein und Anschluss zu finden. Heute war ich beim CSD und obwohl es zahlreiche Interessante Stände gibt, geht es mir fürchterlich. Ich fühle mich total einsam und schaffe es nicht in Kontakt mit anderen Leuten zu treten, sodass man sich unterhalten kann, Ablenken von irgendwelchen Teufelskreisen im Kopf und dann vielleicht auch einfach etwas herum albern.
    Ich weiß nicht wie, am liebsten würde ich HIlfe schreien. Da ist ein Teil in mir, der ausflippt und ein anderer, der sich in eine Ecke verkriecht.


    Seit sehr vielen Jahren bin ich depressiv und habe die Sexualität therapeutisch nie zum Thema gemacht. Hatte auch viel zu viel Angst davor, in die Richtung zu gehen und jetzt denke ich so langsam, dass das ein ganz wichtiges Thema ist. In meinem Kopf treffen sich so viele Dinge, dass ich mich zum einen irgendwie gar nirgendwo mehr hin gezogen fühle, zum anderen, einfach nur hören möchte: Stopp, alles ist gut und vielleicht eine Hand auf der Schulter. :huh:


    Gerade kann ich damit tatsächlich gar nicht gut umgehen, obwohl ein teil von mir sagt: Egal wie du bist, dass ist ok. Ein anderer bricht in absolute Panik aus.
    Ganz stark merke ich, dass ich damit nicht alleine sein will. Mit anderen ausstauschen ist mir extrem wichtig und vielleicht auch einfach mit Leuten, die durch ihre Erfahrung schon ein ganzes Stück ruhiger sind und wo ich einfach so, wie ich bin dabei sein kann.

  • Lieber Schutzraum


    Stopp, alles ist gut. Wirklich, und der Teil der dir selbst sagt, du bist okay wie du bist, der ist da und das ist wirklich eine Leistung. Du bist wohl schon ein grosses Stück gegangen um an diesen Punkt zu kommen.
    Hast du eine Idee wie du besser mit Leuten in Kontakt kommen könntest? Ist es dir schon einmal gelungen? Und wenn ja wie?
    Und viel mehr, wie können wir dir jetzt im Moment helfen? Was brauchst du?


    Grüsse

  • Offene Treffs zum Beispiel. Denke das dort immer ein paar Leute sind, die auf Neue zugehen. Ende des Monats findet wohl was statt, wo ich hin gehen werde. Ansonsten würde ich gerne wieder in einen Verein, Chor, Theatergruppe oder so gehen, vorausgesetzt das die Gruppe auch Toleranz als Thema hat, also das sich verschiedenste Menschen da sammeln, bzw ganz klar Leute die sich als queer einordnen dort zu finden sind. So käme ich unter Leute, würde verschiedene Lebensarten kennenlernen und nebenbei wieder was sinnvolles für mich tun.


    In der Vergangenheit war das eher Zufall. an meinem Mut muss ich stark arbeiten, um nicht nur da zu sein, sondern auch mit Leuten zu reden.
    Denke ihr helft mir schon, allerdings merke ich das ich einiges mal im geschützten Rahmen ansprechen muss, weil es ja doch irgendwie rumort.

  • Ich schliesse mich PurpleMonkey an lieber Schutzraum: Alles ist gut.
    Du musst Wege finden diese kleine Stimme die dir sagt, dass du gut so bist wie du bist, zu stärken.
    Viele hören diese Stimme lange gar nicht, das ist super, dass es diesen Anteil von dir gibt.


    Such dir doch einen LesBiSchwulen Chor oder eine Theatergruppe (das kann euch einfach nur eine Theatergruppe sein, die Wahrscheinlichkeit dass ein Grossteil der Leute das queer und / oder sehr tolerant sind ist eh hoch im städtischen Umfeld) und schreib die Mal an und sag auch dass du nicht weisst ob du dich getrauen sollst hinzugehen usw.? Die meisten Gruppen haben sozusagen "Ambassadors" die für Neulinge zuständig sind, ihnen alles erklären und sie allen Leuten vorstellen und am Anfang etwas in ihrer nähe bleiben. Du kannst auch jemanden mitnehmen zBsp. an die paar ersten Treffen, das kann auch helfen mit Nervosität.



    Grüsse