Hallo zusammen,
das Video ist von 1997 und beinhaltet nur persönliche Meinungen und Erfahrungen. Was wusste man damals über die Entstehung von sexuellen Orientierungen? In den letzten 18 Jahren hat sich sehr viel getan. Wenn die Leute im Video behaupten, es sei eine Wahl, tun sie das vermutlich aus Ahnungslosigkeit. Wenn Bastian Baumann im Jahr 2015 behauptet, es wäre angeboren, kann er sich vermutlich zumindest teilweise auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen, wenn auch nicht vollständig, wie er selbst sagt. Ich möchte außerdem betonen, dass "Wahl" und "Angeboren" nicht die einzigen Möglichkeiten sind. Meines Wissens nach wird mittlerweile von den meisten Wissenschaftern die These vertreten, dass es eine Mischung aus genetischen Faktoren und kindlicher Prägung ist. Die kindliche Prägung sucht sich niemand aus, aber sie ist genausowenig angeboren.
Der Behauptung, nichttraditionelle sexuelle Orientierungen seien "unnatürlich", entgegne ich mit einem anderen Argument: Homosexualität wurde bereits sehr oft in der freien Natur beobachtet. Wie kann man etwas, das in der freien Natur vorkommt, als "unnatürlich" bezeichnen? Jemand, der das tut, hat entweder ein total idiotisches Konzept von "Natürlichkeit" oder keine Ahnung (vermutlich beides). Außerdem ist es bescheuert, von "natürlich" oder "unnatürlich" auf eine Wertigkeit zu schließen. Vergewaltigung ist natürlich: Es gibt eine Nagerart, in der Männer neugeborene Weibchen vergewaltigen um sie zu schwängern bevor sie ihre erste Regel haben, Katzen spielen mit ihren gefangenen Mäusen und verlängern so unnötig deren Leiden, gleichzeitig sind so praktische Erfindungen wie Autos oder das Internet unnatürlich, wie kann man also behaupten, "Natürlichkeit" wäre ein Indikator dafür, ob etwas "gut" ist?
Ich persönlich würde unabgesicherten Behauptungen nicht mit unabgesicherten Behauptungen kontern, aber ich sehe ein, dass das bei manchen Leuten eine gute Methode ist, ihnen zu entgegnen.
Bastian, der sich nach seit vielen Jahren mit voller Energie für LGBT-Rechte einsetzt, mit Huonder zu vergleichen, der gegen alles hetzt was nicht "katholisch" ist, ist schon sehr beleidigend und unangebracht. Den Vergleich "sexuelle Orientierung und Religiösität" finde ich hingegen interessant. Ich denke, beides kann man sich nicht aussuchen. Wers mir nicht glaubt, soll mal ernsthaft versuchen, das Matterhorn anzubeten. Ich habe eine Bekannte, die lange ernsthaft versucht hat, gläubig zu sein, aber sie hat es nicht geschafft. Ich wurde religiös erzogen und ich habe es nicht geschafft, z.B. vom Gefühl dass Gotteslästerung per se falsch ist, vollständig abzukommen, wie es meiner eigentlichen Überzeugung entsprechen würde. Es würde mich wundern, wenn Religion eine nennenswerte genetische Veranlagung hätte, wie sie bei Homosexualität schon fast gesichert ist, aber frühkindliche Prägung spielt sicher eine sehr große Rolle. Beides wird dazu benutzt, eigenes falsches Verhalten als moralisch gerechtfertigt zu behaupten, nur in seeehr unterschiedlichen Dimensionen: Mit dem Alibi der Religion werden ganze Völker ermordet, mit dem Alibi der sexuellen Orientierung werden manchmal Partner betrogen. Wegen beidem werden an vielen Orten der Erde Menschen verfolgt, trotzdem ist nur die Religion ein Asylgrund in der Schweiz.
Soviel zu meinem Senf...
Liebe Grüße,
Djali