Bisexualität in monogamer Beziehung

  • Hallo zusammen,

    Meine Freundin hat sich mir gegenüber vor ein paar Tagen als bisexuell geoutet. Ich habe damit kein Problem.

    Nachdem ich einige Tage darüber geschlafen habe, dämmerte es mir, dass ich meine Freundin nicht mit jemandem teilen möchte. Was, so denke ich, erstmal normal ist.


    Nun meine Frage an euch:

    Wie sind eure Erfahrungen mit monongamer Beziehung und Bisexualiät. Geht das auf lange Sicht gut, wenn der eine Partner quasi eine Seite von sich unterdrücken muss, respektive seine Sexualität nicht voll ausleben kann?

    Ich bin sehr verzweifelt, möchte ich doch, das meine Freundin glücklich ist. Und ich will ihr keine Beziehung aufzwingen, in der sie sich nicht voll enftalten kann und in der sie am Ende festellt, das ihr all die Jahre etwas gefehlt hat.


    Lg

  • Hallo Unbekannte(r), ich fühle mich unmittelbar berührt von deinem Thema, weil ich sozusagen da stehe wo deine Freundin ist. Meine Partnerin hat auch große Schwierigkeiten und Ängste dem Ausleben meiner Bisexualität zuzustimmen. Im Moment versucht sie es mir zuliebe, aber eigentlich will sie das alles nicht. Es ist eine große Qual weil wir uns lieben und nicht weiterwissen, ob wir beide überhaupt unsere Bedürfnisse gemeinsam in einer Partnerschaft verwirklichen können.


    Liebe Grüße von Mari

  • Hallo zusammen


    Auch auf die Gefahr hin, dass ich hier auf Unverständnis und/oder Ablehnung stosse, aber ich verstehe das grundlegende Problem nicht.


    Eine Partnerschaft ist etwas hochgradig individuelles. Das ist sicher so. Aber bei der klassischen Variante geht es meist um "Treue". Damit ist wohl gemeint, dass man auch in schwierigen Zeiten zusammenhält. Aber es bezieht sich meist auch auf die Sexualität. Das ist heutzutage teilweise verschrien, weil dabei "Besitzansprüche" hineininterpretiert werden. Aber so einfach ist das ja gar nicht.

    Sexuelle Treu ist keine Forderung sondern ein Versprechen (sofern sie überhaupt zur eigenen Partnerschaft gehört). Wenn man sich demnach in der Situation befindet Treue nicht verprechen zu können, obwohl sie der Partner für eine Beziehung voraussetzt, liegt das Problem nicht an der sexuellen Orientierung, den eigenen Bedürfnissen oder an der eigenen Einstellung. Es liegt darin dass die Partner unterschiedliche, u.U. unüberwindbare, Vorstellungen von einer Beziehung haben.

    Bei Heteros (ja, da gibt es die Diskussion sicher auch. Wenn sich ein Partner z.B. nicht auf eine einzige Person beziehen will wenn es um Sexualität geht), ist es relativ einfach. Man spricht darüber, einigt sich und geht seinen Weg weiter, zusammen oder getrennt. Wobei auch zusammen nicht heissen muss dass alles geklärt und ok ist. Manche versuchen ernsthaft der Beziehung zu entsprechen und sind damit erfolgreich oder nicht, andere machen Versprechungen im Wissen, dass sie sich nicht daran halten können (das nennt man gemeinhin als "Fremdgänger").

    Ich sehe nicht warum es bei Homo oder Bi anders sein sollte. Klar, bei Bi wird gern damit argumentiert dass es sich schliesslich um eine gänzlich andere Erfahrung handelt wenn man in einer Hetero-Beziehung ist und sich nach Homo-Erfahrungen sehnt. Aber das ist meiner Meinung nach noch kein Grund. Das ist etwa so wie wenn ein Hetero-Mann sich nach Blondinen sehnt, oder nach grossen Brüsten oder nach Quickies im öffentichen WC oder der Tiefgarage... was weiss ich. Es gibt so viele Variantionen, die ein Partner oder eine Partnerin nicht erfüllen kann. Da finden sich immer welche. Darum ist die Treue ja ein Versprechen und keine Forderung. Sowas kann man von keinem Menschen fordern. Aber ein Mensch kann es von sich aus versprechen. Und erst wenn er das getan hat besteht die Möglichkeit, dass es tatsächlich dabei bleibt.


    Ok, ok, ich kenne es ja aus eigener Erfahrung. Das Verlangen kann extreme Ausmasse annehmen. Es gibt auch bei mir Zeiten, in denenen ich ernstahft an meiner Treue zweifle. Aber sobald ich an dem Punkt angelangt bin wo ich meine Lust meiner Beziehung gegenübserstelle, fällt mir die Entscheidung leicht.... Na ja, "leicht" ist vielleicht übertrieben. Aber meine Lust verliert immer an Macht. Und bisher verliert sie immer genug um mich wieder meiner Beziehung zuwenden zu können.

    Es ist noch schwieriger wenn der Partner nichts wissen darf über die eigene Bisexualität (das ist ja auch schon so eine Art Untreue). Aber diese Form der Untreue hat nichts mit einseitigem Betrug zu tun. Ich zum Beispiel kenne die Einstellung meiner Frau gegenüber der Bisexualität. Darum weiss ich auch, dass ich dieses Thema gar nicht erst auf den Tisch bringen muss. Da käme schlicht nichts gutes dabei raus. Aber ich war ja, und bin, bisher auch immer treu gewesen. Es würde mir schon helfen, das gebe ich zu, wenn ich mit ihr darüber sprechen könnte. Also wenn man das Glück hat mit einer aufgeschlossenen Person zusammen zu sein, sollte man das auch nutzen und ihr erklären wie sehr einen den Konflikt beschäftigt...


    Lange Reder kurzer Sinn:

    Wenn möglich macht man die Bisexualität in der Partnerschaft zum Thema und sucht gemeinsam eine Lösung.

    Oder man behält diese Seite seiner Selbst im Verborgenen und leidet schweigend für die Beziehung. (meine Variante)

    Oder man verbirgt diese Seite, opfert aber die Treue zu Gunsten der eigenen Lust.


    That's it. Mehr gibt es aus meiner Sich nicht zu sagen. Ich sehe das als Grundsatz für jede Beziehung, ob Hetero oder Homo. Die meisten Menschen kommen mal an den Punkt, wo man alles in Frage stellen muss. Aus verschiedensten Gründen. Und das ist es übrigens auch, was eine Beziehung so wertvoll macht. Natürlich nur wenn man sich immer wieder aufs Neue für sie entscheidet.


    Ich wünsche viel Kraft ud Mut auf dem weiteren Lebensweg.


    Gruss

    loner