Wenn man Frauen und Männer liebt

  • 07.04.2010 - 17:35 Uhr von Achim Raschka


    Lady Gaga, Fergie von den Black Eyed Peas oder "Transformers"-Star Megan Fox sagen auch zu Frauen nicht nein. Und die Powerfrauen sind nur einige von vielen prominenten Beispielen. Bisexualität ist viel verbreiteter, als manche glauben.


    Ist es eigentlich normal, wenn man sich zu Frauen und Männern gleichermaßen hingezogen fühlt?
    Die Bisexualität, eigentlich richtiger die Ambisexualität, ist eine Neigung, bei der sich Menschen sexuell zu beiderlei Geschlecht hingezogen fühlen. Diese Neigung ist keineswegs selten. Die Angabe über Menschen, die die Bisexualität gelegentlich auch ausleben, liegt bei etwa 10 Prozent der Bevölkerung.


    Hohe Dunkelziffer
    Sicher ist aber auch: Sehr viel mehr Menschen spüren die Anziehung sowohl für das eigene als auch für das andere Geschlecht, trauen sich aber nicht, es öffentlich zuzugeben. So ist es sehr schwer, den tatsächlichen Anteil in der Bevölkerung einzuschätzen. Aussagen wie "ein bisschen Bi schadet nie" oder "Jeder ist ein bisschen Bi" werden häufig scherzhaft genutzt. Sie kommen den Maximalschätzungen von bis zu 95 Prozent aus dem Kinsey-Report von 1948 jedoch sehr nahe.
    Heutige Schätzungen pendeln sich bei etwa 20 Prozent der Bevölkerung ein, in den sehr monosexuell geprägten Kulturen Amerikas und Westeuropas liegen sie meistens sogar deutlich niedriger.
    Nach verschiedenen Umfragen ist Bisexualität deutlich häufiger bei Frauen als bei Männern. Auch scheint sie bei Personen mittleren Alters deutlich häufiger zu sein als bei jungen Leuten. Eine Studie aus dem Deutschen Ärzteblatt von 1998 erklärt dies dadurch, dass Männer und vor allem Jugendliche häufig Angst haben, als schwul geoutet zu werden, wenn sie ihre Neigung zu Männern zugeben.


    Bisexualität und Kultur
    Vor allem in der griechich-römischen Antike wurde die Bisexualität als Normalzustand angesehen und auch in der islamischen Welt stellte sie früher keinen Sonderfall dar.
    Natürlich war damals die Bindung an ein Geschlecht die häufigere Form der sexuellen Partnerschaft, Bisexualität wurde jedoch nicht tabuisiert. So schreibt der im Jahr 1200 nach christlicher Zeitrechnung verstorbene Rechtsgelehrte Ibn al-Gauzi: "Derjenige, der behauptet, dass er keine Begierde empfindet (wenn er schöne Knaben erblickt), ist ein Lügner, und wenn wir ihm glauben könnten, wäre er ein Tier, nicht ein menschliches Wesen."


    Wer ist bisexuell?
    Wie bereits dargestellt, ist etwa jeder fünfte Mensch bisexuell veranlagt, etwa die Hälfte sagt dies offen und lebt es zumindest phasenweise auch aus. Dabei gibt es keinen typischen Bisexuellen. Die meisten Bisexuellen sind verheiratet, haben Kinder oder leben in festen homo- oder heterosexuellen Beziehungen.
    Das bisexuelle Interesse ist bei den meisten nur zeitweise vorhanden, etwa wenn sie sich "plötzlich" in einen Angehörigen des "falschen" Geschlechts verlieben, andere Bisexuelle suchen ständig nach Partnern beiden Geschlechts, um ihr Sexleben aufzupeppen.


    Betroffene leiden häufig darunter
    Schwierig wird die Situation, wenn ein bisexuell veranlagter Mensch seine Neigungen zu unterdrücken versucht. Das Ergebnis ist ein hoher psychischer Stress, der für die Person zu Belastungen und Spannungen führen kann. Diese weiten sich in der Regel auf sein Umfeld, etwa seine Familie, aus. Der Betroffene fühlt sich als Außenseiter nicht wohl in seiner Haut, will aber die Situation selbst nicht wahrhaben.
    Auch die Öffnung gegenüber dem potentiellen Partner bringt häufig nicht die erwünschte Entspannung, häufig stößt er auf Ablehnung, sowohl in seiner gewohnten Umwelt als auch bei dem Objekt seiner sexuellen Begierde. Auswege aus einer solchen Klemme bieten dann nur noch Beratungsstellen, bei denen er seine Probleme offen darstellen kann und Hilfe in Form von verständigen Menschen findet.


    Ist Bisexualität unnormal?
    Die Quelle der Bisexualität zu ergründen, ist ebenso schwer wie die der Homosexualität. Es handelt sich dabei wie bei allen sexuellen Neigungen nicht um eine Krankheit mit einem klar zu erkennenden Auslöser. Auch eine bewusste Entscheidung des Individuums liegt der Bisexualität nicht zugrunde.


    Nach einer These von Sigmund Freud ist im Grunde jeder Mensch bisexuell veranlagt, wird jedoch durch die Gesellschaft dazu gebracht, die homosexuellen Anteile seiner Neigung ins Unbewusste zu verbannen.
    Dabei sollte man Abstand davon nehmen, Bisexualität als "sexuelle Störung" oder als "widernatürliches Verhalten" zu betrachten. Selbst im Tierreich kann man viele Beispiele für bisexuelles Verhalten finden, etwa unter den dem Menschen nächstverwandten Zwergschimpansen. Bei diesen Tieren ist die Bisexualität der Normalfall, Sex wirkt als Aggressionsventil und wird mit Partnern beiderlei Geschlechts durchgeführt. Vor allem Sex zwischen Zwergschimpansen-Weibchen findet sehr häufig statt.


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