Outen im Job

  • Ich bin in meinen Vierzigern und habe schon einige langjährige Beziehungen erlebt, zuerst
    mit einem Mann, danach mit einer Frau, gefolgt wieder von
    einem Freund. Alles in allem habe ich gute Erinnerungen. Heute lebe ich allein
    und in den letzten Jahren war ich mit anderen Problemen als mit einer Beziehung
    beschäftigt.



    Als ich in einer Beziehung lebte, habe ich mich jeweils vage
    als bisexuell identifiziert und – vor allem, als ich mit einer Frau
    zusammenlebte – das auch im Beruf offengelegt. Doch je länger ich allein bin,
    desto weniger weiss ich, als was ich mich bezeichnen soll.



    Seit einigen Monaten
    habe ich einen neuen Job und alle meine
    Kolleginnen und Kollegen haben Familie. Damit kommt das Thema plötzlich
    wieder
    an die Oberfläche. Wenn ich nichts von mir erzähle, werden sie wohl
    annehmen, ich sei
    heterosexuell, was mich irgendwie stört. Auf der anderen Seite ist es
    für mich im Moment unmöglich zu sagen, welche Art von Beziehung ich in Zukunft leben will. Wenn
    ich mich jetzt und heute oute, als was denn eigentlich? ?( Hat jemand von euch ähnliche
    Erfahrungen gemacht? Wie seid ihr damit umgegangen?

  • Hallo anna & erstmal herzlich willkommen hier!


    Ich glaube, zu einem "öffentlichen Outing" können die meisten hier leider nichts beisteuern, fürchte ich. Das soll uns aber nicht davon abhalten, unsere Meinung zu dem Thema zu sagen, zumal ich wohl für uns alle spreche, wenn ich sage, dass es schön ist, auch mal eine Frau in unseren Reihen begrüßen zu dürfen! ;)


    Die Frage ist erstmal, wie gut oder schlecht bist du denn damit gefahren, dich "vage" als bisexuell zu outen? Da kommt es wohl darauf an, wie deine neuen Kollegen dazu stehen. Alles in allem hört es sich aber so an, als ob du dir zuviele Gedanken darüber machst, was deine Kollegen und Kolleginnen von dir denken könnten.


    Ich glaube, es ist fast schon egal, wann du dich outest. Ob du es jetzt schon machst, obwohl du momentan in keiner Beziehung lebst, oder ob du es dann tust, wenn es der Fall ist, spielt gar keine Rolle - Fakt ist, dass sich die Leute um dich herum ihren Teil denken werden und es entweder akzeptieren oder sich die Mäuler darüber zerreißen.


    Ist es denn ein Problem für dich, es erstmal für dich zu behalten? So wie ich es verstehe, kannst du dir auch in Zukunft eine Beziehung egal zu welchem Geschlecht vorstellen, oder? Vielleicht "landest" du ja wieder bei einem Mann. Dann wäre dein Outing im Prinzip "umsonst" gewesen.


    Vielleicht solltest du es dir abgewöhnen, in diesen Schubladen zu denken. Ich habe auch lange dafür gebraucht und hatte auch irgendwie immer den Drang, mich zu kategorisieren. Aber (auch dank des Forums) bin ich zu der Einsicht gelangt, dass diese ganzen Bezeichnungen nur für Leute interessant sind, die unbedingt in Schubladen denken müssen. Die Sexualität besteht aus so vielen Facetten, dass es viel zu müßig ist, sich selbst irgendwo einzuordnen. Ich habe selbst festgestellt, dass es zu viel Zeit und zu viele Nerven kostet, sich damit zu befassen.


    Ich selbst mag hauptsächlich Frauen, habe aber auch gegen einen schönen Männerkörper nichts einzuwenden, wobei ich nicht behaupten kann, einen "kompletten" Mann attraktiv zu finden. Ich finde nur so manchen Männerkörper schön anzusehen. Bin ich deswegen bi? Keine Ahnung. Wenn ja, soll's mir recht sein. Fakt ist, dass wir alle verschiedene Empfindungen haben, die genauso individuell sind wie die Menschen selbst. Und für all diese verschieden gearteten Empfindungen eine Bezeichnung zu finden, ist doch schon irgendwie absurd.


    Mein persönlicher Tipp ist, dass du erstmal gar nicht so offensiv an das Thema herangehen solltest. Sollte dich mal jemand nach deinem Beziehungsstatus fragen, halte das Thema einfach allgemein.


    Noch eine kleine Bitte zum Schluss: Wenn du magst, wäre es toll, wenn du noch ein bisschen mehr über dich, deine Beziehungen und deinen Weg zur Bisexualität schreiben würdest! Ich denke, dass und das alle brennend interessiert! :)

  • Ohne jemanden beleidigen zu wollen, möchte darauf hinweisen dass ich es wichtig finde von sich selbst auszugehen und nicht für andere zu sprechen.
     
    Ich bin mir sicher dass sich der/die eine oder andere auch zu diesem Thema äussert, so wie z.b. bi_urself dies getan hat. Es braucht blos ein bisschen Geduld ;)

  • Ohne jemanden beleidigen zu wollen, möchte darauf hinweisen dass ich es wichtig finde von sich selbst auszugehen und nicht für andere zu sprechen.

    Wenn du damit meine Aussage meinst, dass ich mich freue, auch eine bisexuelle Frau hier begrüßen zu dürfen, dann war das sicherlich nicht so gemeint, dass ich hier der Sprecher für alle sein möchte! Mir ging es nur darum, die weiblichen User hier im Forum ein bisschen "aus der Reserve zu locken", mehr nicht. Davon abgesehen, habe sich schon mehrere männliche User hier dazu geäußert, dass sie sich über mehr weibliche Präsenz im Forum freuen würden. Außerdem habe ich meiner Aussage ganz klar diesen hier ;) angestellt, sodass ich nicht ganz verstehen kann, dass du das als eine Art "Angriff" ansiehst und zu ernst nimmst.

  • Hallo anna


    auch ein herzlich willkommen von mir.


    Sich im Job zu outen ist auf alle Fälle schwierig. Es kann sein, dass einige Deiner Kolleginnen dann ablehnen. Du wirst als Lesbe bezeichnet. Du bist in dem Fall hin und her gerissen zwichen einem Mann oder einer Frau.


    Ich wünsche Dir auf alle Fälle viel Kraft.

    Oldtimer-/Youngtimer-Liebhaber
    DAB+-Autoradio-Fan (Radio hören im Auto ohne Rauschen, in CD-Qualität)

  • Hallo Anna


    Ich finde auch, dass es in diesem Forum, genau so wie in der Bi-Gruppe, die sich jeden ersten Donnerstag in Zürich trifft (http://haz.ch/beratungs-angebot/bisexuelle/treffpunkt), die grösste Bereicherung ist, wenn die Beteiligten von sich selber, ihrer gegenwärtigen Situation und ihren Erfahrungen berichten.


    Ich selber habe das Outing in verschiedenen Phasen erlebt: Als ich mit 16 meinen ersten Freund kennengelernt habe, war ich noch sehr naiv. Ich erzählte meiner Mutter ganz arglos, dass ich jetzt nicht mehr eine Freundin hätte, sondern einen Freund. Erst als meine Mutter besorgt reagierte mit der Bemerkung: "Ach, was sagt auch Pappi dazu.* realisierte ich, dass das ein Problem sein könnte. Meine Eltern bestanden darauf, dass ich zu einem Psychiater müsse. Beim Erstgespräch, das mit meinen Eltern stattfand, erklärte dieser klipp und klar, dass an meiner homosexuellen Neigung nichts zu ändern sei, das einzige was sie tun könnten sei, sich mit dieser Tatsache anzufreunden. An dieser Stelle muss ich meinen Eltern ein Kompliment machen, denn sie beherzigten den Rat des Psychiaters und willigten ein, meinen Freund kennenzulernen.


    Natürlich waren sie sehr erfreut, als ich dann ein paar Jahre später eine Frau kennenlernte, in die ich mich verliebte, und mich mit ihr verlobte. Doch als diese Liebesgeschichte endete, und ich wieder einen Freund hatte, akzeptierten sie auch das. Da meine Partner und Partnerinnen auch immer an Familienfesten willkomen waren, und dies mit einer schönen Selbstverständlichkeit, wusste bald auch meine gesamte Verwandschaft über meine Bisexualität bescheid. Auch wahrend den 25 Jahren, in denen ich verheiratet war, und einen Sohn hatte. Ich glaube das Wichtige dabei war die Selbstverständlichkeit. Dadurch war es nicht eine Frage, wer dies oder jenes akzeptieren würde und wer nicht.


    Aber Deine Frage geht ja um das Outing am Arbeitsplatz. Ich finde nur, dass der familiäre Hintergrund da eine grosse Rolle spielt. Ob man das wahr haben will oder nicht, der Rückhalt, der einem eine akzeptierende Verwandschaft geben kann, hat da eine grosse Auswirkung.


    Ich selber habe die Erfahrung gemacht, dass je selbstverständlicher dieses Thema für mich und meine unmittelbare Umgebung ist, desto freier und unverkrampfter kann ich damit auch im Berufsleben umgehen. Ich verstehe sehr gut, und weiss auch aus eigener Erfahrung, wie unangenehm es sein kann, in einer Gesprächsrunde zu sein, die alle darüber sprechen, was sie mit ihren hetrosexuellen Partnerinnen und Partner erleben, und man selber eigentlich mitsprechen möchte, blockiert ist, weil man meint, man müsse zuerst etwas klar stellen, bevor man mitsprechen und mitdiskutieren kann.


    Das Outing am Arbeitsplatz hatte für mich zwei Phasen: Am Anfang outete ich mich nur KollegInnen gegenüber, von denen ich annahm, dass sie diesem Thema tolerant gegenüberstehen. Das war schon mal eine Erleichterung, denn mit denen konnte ich offen sprechen. Doch mit der Zeit merkte ich, dass ein Ounting, wenn es den Charakter eines (schamhaften) Geständnisses hatte, mich doch immer in die Position dessen gebracht hat, der um Akzeptanz bat. Ich mich also in gewissem Masse auch erniedrigte damit um Verständniss zu bitten.


    Je selbstverständlicher für mich die Tatsache wurde, sowohl zu Frauen als auch zu Männern eine Liebesbeziehung haben zu können, desto selbstverständlicher begann ich dann auch in ganz gewöhnlichen Gesprächen, sei es am Arbeitsplatz oder in gesellschatlichen Gesprächen oder kurzen Zufallsbegegnungen (z.B. in den Ferien) anstatt von meiner Freundin von meinem Freund zu sprechen, ohne daraus ein expilzites "Geständnis" zu machen, sondern meine Bemerkungen da anzubringen wo es im Gespräch dazu dient Klarheit zu schaffen, damit ich auch mitsprechen, oder eine (gegewärtige oder vergangene) Geschichte erzählen kann.


    Meiner Erfahrung nach ist das Hintenherumgerede, die oder der sei doch schwul/lesbisch - auch am Arbeitsplatz - viel schlimmer. Oft ist es jedoch so, dass hetrosexuelle (in meinem Falle Männer) sich klar abgrenzen wollen und erklären, sie könnten sich nicht vorstellen, sich einem gleichgeschlechtlichen Partner sexuell zu nähern, sie sich aber eine Freundschaft mit gleichgeschlechtlichen Menschen, auch wenn diese homosexuell seien, aber nichts im Wege stehe. Das akzeptiere ich natürlich lachend, und das Eis ist gebrochen. In unserer westlichen Gesellschaft gilt es (gottseidank) heute schon beinahe zum guten Ton, dass Hettis mit schwulen FreundInnen oder Bekannten aufwarten können, damit sie ihre Toleranz beweisen können. ;)


    Ich weiss, dass dies ein langer Weg ist persönlich und gesellschaftlich. Er begann für mich da, wo ich meine eigene Bisexualität selber akzeptieren lernte, führte über das Outing der Familie gegenüber, in meinem Freundeskreis, am Arbeitsplatz, und dann auch dazu, dass ich mich in der Öffentlichkeit für LGBT-Anliegen (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender) zu engagieren begann. An Gesprächsgruppen, Demos und Arbeitsgruppen beteiligte. Artikel schrieb, Radiosendungen für www.gayradio.ch machte und heute die Arbeisgruppe für Bisexuelle bei der HAZ leite.


    Heute bin ich pensioniert, blicke also auf ein reiches, bewegtes Leben zurück, lebe in einer intensiven Beziehung zu einem Mann, und schliesse eine schöne Freundschaft zu einer Frau, die meine Bisexuelitä akzeptieren und schätzen würde, nicht aus. Ich will nicht sagen, dass ich in Bezug auf Outing nun gar keine Probleme mehr habe. Ich merke, dass ich z.B. bei der Wohnungssuche nicht ohne weiteres beim Zivilstand angebe bisexuell zu sein. Ergibt sich aber z.B. bei der Besichtigung ein Gespräch, und ich werde auf meinen Beziehungsstatus angesprochen, scheue ich mich nicht mehr, offen zu sein. Es ist mir lieber abgewiesen zu werden, als Versteckspielen zu müssen.


    Ich wünsche Dir alles Gute, wünsche Dir, dass Du zuerst Dich so akzeptieren kannst wie Du bist, und dann auch Dein Umfeld diese Akzeptanz mit Dir teilen wird.


    Herzlich Peter

  • Hallo allerseits


    Die Sexualität besteht aus so vielen Facetten, dass es viel zu müßig ist, sich selbst irgendwo einzuordnen. Ich habe selbst festgestellt, dass es zu viel Zeit und zu viele Nerven kostet, sich damit zu befassen.

    Vielen Dank für euere Antworten. Mit diesem Satz kann ich
    sehr viel anfangen. Es ist nervig, sich einordnen zu müssen. Aber ich möchte auch als die Person angesehen werden, die ich bin.


    Ich hatte schon mit 15 das Gefühl, dass ich mich wohl zu
    Mädchen und Jungs hingezogen fühle, seit ich 22 bin lebe ich das auch aus. In
    Freundes- und Familienkreis bekommen sie ja mit, mit wem ich zusammen war und
    sie akzeptieren das auch, aber ich bin mit meiner Erfahrung allein. In
    Partnerschaften habe ich jeweils gesagt, dass ich mich zu Männern und Frauen
    hingezogen fühle, ohne mich als bisexuell zu bezeichnen. Die Reaktionen darauf
    waren unterschiedlich: Knapp akzeptieren, sehr unterstützend, in einem Fall kam
    es zu einen abrupten Kontaktabbruch. Was mich wirklich stresste, war der
    Übergang von einer Frauen- zu einer Männerbeziehungen. Ich fühlte mich in Frage
    gestellt. So gesehen ist es vielleicht schon hilfreich, sich als bisexuell zu
    bezeichnen, denn das würde in dieser Situation Halt geben. Ich kenne Heteros,
    Lesben und Schwule, aber ich habe keine einzige enge Freundschaft zu jemanden,
    der sich als bisexuell bezeichnen würde, merke ich grad.



    Na, zum Glück gibt es dieses Forum!



    Ja und dann finde ich es ein Riesenprivileg, sich in Männer
    und Frauen verlieben zu können!

  • hallo anna


    die unaufgeregtheit, mit der du deine geschichte erzählst ist beeindruckend.

    Ja und dann finde ich es ein Riesenprivileg, sich in Männer


    und Frauen verlieben zu können!


    sagst du am schluss deines letzten kommentars. :thumbsup: meine biografie verläuft etwas harziger, fühle mich jedoch sehr angesprochen von deinen einschätzungen. während der vielen jahre einer fast symbiotischen beziehung mit meiner vor einigen jahren verstorbenen frau, habe ich meine bi-seite auf rein sexueller ebene im verborgenen ausgelebt (wenn man das wort LEBEN in diesem sinne überhaupt missbrauchen darf) und mich nie auf eine eigentliche beziehung auf emotionaler ebene mit einem mann eingelassen. es war für mich immer wichtig, die verbindung zu meiner frau nicht zu gefährden. jetzt (bin im pensionsalter) bahnen sich wieder freundschaften mit an wo es auch zu erotischen gefühlen kommt und ich auch vor die frage gestellt bin, soll ich meine bi-seite zum thema machen oder nicht. nicht zuletzt aufgrund des austausches in diesem forum bin ich zum schluss gekommen, alle gefühle, sympathieen, testosteronstösse zuzulassen ohne meine sexualtität mit ihrem ganzen facettenreichtum (zitat bi-urself) mit der eigenschaft BI zu ettickettieren und zu einem thema zu machen, was die vorsichtig aufgebauten freundschaften (mit einer frau im moment) gefährden könnte. mir geht es übrigens wie dir: ich kenne heteros, schwule, lesben aber niemanden, der sich als bisexuell bekennt und das auch lebt. erst in diesem forum bin ich unseresgleichen begegnet mit all den ambivalenzen, die dazu gehören.


    deine positive, lockere einstellung ermöglicht dir bestimmt wieder interessante begegnungen.


    wünsche dir alles gute und vell glück


    chris

  • @anna


    Ich finde Dein Kommentar oben "Ja und dann finde ich es ein Riesenprivileg, sich in Männer und Frauen verlieben zu können!" wunderbar.


    Uebrigens Dein Kommentar auch sehr.


    Ich finde so wie Chris Alexander geschrieben hat: deine positive, lockere einstellung ermöglicht dir bestimmt wieder interessante begegnungen


    sehr gut.



    @chris_alexander


    Ich finde Deinen Kommentar sehr schön.


    Ich merke es jetzt an mir - als ich noch getrennte Wohnungen hatten, meine Freundin und ich - da hatte ich Freiräume, 2 Tage in der Woche, wo ich für mich etwas machen konnte, Oldtimer, etc. und eben auch meine Bi-Seite bei mir daheim ab und zu auszuleben.


    Seit wir am 1.12.2012 zusammen im Elternhaus meiner Eltern wohne, das ich gemietet habe. krieselt es.


    Der Chef kommt - ich muss schluss machen.


    Mehr später.

    Oldtimer-/Youngtimer-Liebhaber
    DAB+-Autoradio-Fan (Radio hören im Auto ohne Rauschen, in CD-Qualität)

  • Liebe anna
    Da sprichst du bei mir ein schwieriges Thema an.
    In Bezug auf das outing am Arbeitsplatz muss ich gestehen dass ich mich bis anhin darum gedrückt habe. Dies weil ich in einer kleinen, quasi familiären Firma arbeite und die hälfte der Belegschaft inkl. Geschäftsführer Freikirchler sind. Ich fürchte ich würde sie überfordern damit, oder sie mich mit ihrem Mitleid und Unverständnis.


    Tatsächlich fürchte ich mich auch davor dass mein berufliches Leben durch ein outing eine unangenehme Wendung nehmen könnte. Dies möchte ich auf keinen Fall riskieren solange ich mich ungeoutet nicht echten Nachteilen aussetze. Komisch, ob es wirklich Wahr ist oder nicht werde ich erst wissen wenn ich mich dem stelle.


    Auf deine Frage hin

    Zitat

    Wenn ich mich jetzt und heute oute, als was denn eigentlich?

    Ja, das kenne ich. Als was nehme ich mich wahr, oder besser gesagt, wie kann ich meinem Umfeld glaubhaft erklähren wie ich mich wahrnehme ?
    Weil,
    wenn mich jemand direkt fragt (und das ist mir sehr selten passiert) dann kann ich mich mit gutem Gewissen als bisexuell outen.
    Vielleicht war es nicht richtig dass ich mich oft versucht habe zu outen indem ich gesagt habe ich hätte mich in einen Mann verliebt (was ja auch wirklich wahr ist). Ganz offensichtlich hatte das in etwa den selben Effekt wie wenn ich gesagt hätte ich sei Schwul. Auch wenn ich diese Meinung einige male probiert habe zu korrigieren, indem ich ganz direkt gesagt habe ich empfinde mich als Bisexuell, konnte mein Gegenüber damit nicht umgehen. In der Wahrnehmung dieser Menschen scheine ich schlicht und einfach Schwul (geworden) zu sein. Ich bedaure zwar dass mir liebe und nahestehende Menschen mich offensichtlich nicht wirklich verstehen, aber ich muss es auch akzeptieren. Schlussendlich muss es mir ein Stück weit auch egal sein bzw. ich muss Verständnis haben dass ich damit Menschen verwirre solange ich etwas anderes lebe als mir unsere Heteronormative Gesellschaft zuspricht.


    gru

  • Dies möchte ich auf keinen Fall riskieren solange ich mich ungeoutet nicht echten Nachteilen aussetze.

    Ja, genau das meinte ich! Die Frage, die man sich stellen muss, ist: Muss ich so "offensiv" werden? Irgendwie hat für mich das Outen (wenn man es mal in annas Kontext betrachtet) etwas vom "Beichten", als ob man etwas zugeben müsste. Aber wieso sollte man in der Bringschuld stehen, nur weil man eine sexuelle Orientierung hat, die nicht den klassischen Moralvorstellungen der breiten Masse entspricht?

  • Ich bin nach dem Lesen all eurer Beiträge zum Schluss gekommen, dass mir eine Auseinadersetzung am Arbeitsplatz zum jetzigen Zeitpunkt nichts bringt. Mein Hauptproblem ist, dass ich mich verunsichert fühle, und da werden mir meine Arbeitskollegen ziemlich sicher nicht weiterhelfen können (dieses Forum hingegen sehr :) )

  • Hallo Anna,


    ich halte es eigentlich auch für das Beste, die Pferde vorerst nicht scheu zu machen. Außerdem kennst du deine Kollegen erst einige Monate und kannst deren Reaktionen sicherlich noch nicht so wirklich abschätzen, oder? Von daher denke ich, dass das zunächst mal die richtige Entscheidung ist.

  • wunderbarer Kommentar von Dir. Was Du sagst, das stimme allemal.

    Eigentlich geht meine sexuelle Ausrichtung ja niemanden etwas an. Von daher sollten mir auch keinerlei Nachteile entstehen. Solange natürlich meine Arbeitsleistung nicht darunter leidet.
    Aber nachts sind ja bekanntlich alle Katzen grau

    Oldtimer-/Youngtimer-Liebhaber
    DAB+-Autoradio-Fan (Radio hören im Auto ohne Rauschen, in CD-Qualität)

  • In der DDR gab es ein tolles Sprichtwort:


    Theorie und Praxis
    ist wie Marx und Murx.

    Eigentlich geht meine sexuelle Ausrichtung ja niemanden etwas an. Von daher sollten mir auch keinerlei Nachteile entstehen. Solange natürlich meine Arbeitsleistung nicht darunter leidet.

    Theoretisch, nach Gesetz, Bundesverfassung, Europäische Menschenrechtskonvention darfst Du sein, wie und was Du willst.
    Dann gibt es noch all den «ich bin tolerant-Blabla» vieler Leute.
    Daneben gibt es die soziale Realität, die Praxis. Mit der sollte mann und frau die Theorie, das Gesagte und Geschriebene, nicht verwechseln.


    schönen tag - Alex

  • Du sagst es genau, wegen dem grossen Problem:


    Wir verstecken uns in der Realität, um keine Probleme im Job und im sozialen Leben zu haben.


    Leider hatte ich mich im Dez. 2003 nach der Trennung von der 1. Frau per Brief mich bei den Alt-Opel- und Ford-Kollegen geoutet und seitdem meiden sie mich.





    Habe gerade in einem anderen Post geschrieben:
    Das ist doch unser großes Problem. In der Realität verstecken wir uns, weil wir keine Probleme haben wollen. Sei es im Job oder im sozialen Leben

    Oldtimer-/Youngtimer-Liebhaber
    DAB+-Autoradio-Fan (Radio hören im Auto ohne Rauschen, in CD-Qualität)

  • Nun, ich habe grad erfahren, dass jemand in einer bi-Beratung geraten wurde, sich gegenüber der anziehend empfundenen Person am Arbeitsplatz offen zu sein. Das wird dann gleichgestellt mit «zu seinen Gefühlen zu stehen». Klar, die beratende Person ist nicht Profi, übernimmt im «Schadensfall» (Unternehmensintern wird sehr negativ reagiert, Kündigung [selber oder durch Unternehmen]) keinerlei Verantwortung und ist wohl ideologisch getrimmt auf «steh zu Deinen Gefühlen, oute Dich, wir finden Dich dann toll». Ich würde da echt zur Vorsicht raten.


    Das Problem orte ich in der Situation als Ganzem, nicht «bei uns». obispo : Es ist meines Erachtens nicht «unser Problem, dass wir uns verstecken». Es gibt echt gute Gründe es nicht zu tun, weil die Umgebung ein Problem ist oder sein kann. Ich rate niemandem einfach so, seine berufliche Situation aufs Spiel zu setzen, um zu erfahren, ob ein Arbeitskollege auch bi ist. Abgesehen davon, dass dann immer noch nicht klar ist, ob er auch Lust hat auf die Person, die ihn das fragt. Doppeltes Risiko also.


    Das Sexualleben ist nur ein Teil unserer Biographie. Wenn ich mich brav hetero in eine verheiratete Mitarbeiterin verknalle, sage ich es ihr vermutlich auch nicht. Wenn es ne Vorgesetzte ist genauso wenig wie einer sehr jungen Frau (v.a. in Ausbildung).


    @Jean-Pierre: In einem Umfeld von Autoliebhabern würde ich persönlich kein Outing betreiben, schon gar nicht schriftlich. Wenn schon individuell im Gespräch. Geht es schief, ist zumindest ein Gespräch unter vier Augen möglich.


    Kurz: Es ist von mir aus gesehen sehr sinnvoll, die Folgen abzuwägen und bestimmte soziale Umfelder nicht zu informieren, bzw. den Job nicht zu riskieren.
    Offenheit finde ich gut, soziales Kamikaze bringt kaum was.


    NB: Nachtrag nach privater Nachricht einer der erwähnten Personen: In einer Männergruppe mit einer generell sehr offenen Kommunikation, die Schwächen und Stärken gleichermassen umfasst, ist outen kein Problem gewesen bei mir. In einer Gruppe Männer, die sich (in meinem Fall) mit gewissen PC-Problemen befasst und als «Kernthema» hat, würde ich es schlicht und einfach nicht tun, ausser die Typen wären extrem gut drauf. Am Job sowieso nicht. Den will ich behalten.

  • Hallo Anna, ich weißt nicht wie das bei dir auf Arbeit ist aber ich kenne das von mir auf Arbeit, vielleicht solltest du bevor du erzählst wie deine Einstellung zu dem Thema ist erstmal bei den Kollegen heran horchen wie diese über das Thema denken oder wie sie unterwegs sind, denn ich glaube das wäre mir persönlich wichtig, einfach um in ruhe auch nach einem coming Out dort weiter zu arbeiten, ich denke jeder kennt leider negativ bezogene menschen auf das thema. Bei uns auf Arbeit ist es eigentlich recht entspannt, wir haben einen schwuler und eine lesbenfilme und sie werden super akzeptiert sogar eher neugierig gefragt. Heutzutage denk ich gehen viele auch offener um mit dem thema, vielen werden es akzeptieren nur die wenigsten werden negativ such äußern und selbst wenn, es ist dein leben ist doch völlig egal sag zu denen die was negatives sagen, das du halt so lebst wie du glücklich bist weil das recht darauf hat jeder.




    Lg